In Kontakt: Eine Vorlesung mit Mentimeter aktivierend gestalten 3


Ein Erfahrungsbericht zur Master-Vorlesung „Umweltplanung“ am Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften von Dr. Stefan Scheiner

Was ist Mentimeter?

Mentimeter ist ein Live-Abstimmungstool (→ zum Vergleich verschiedener Systeme), das kostenpflichtig ist und mit bestimmten Funktionseinschränkungen auch in einer „free“-Version genutzt werden kann (→ Link zur Tool-Beschreibung). Die in meiner Veranstaltung genutzten Elemente sind in der kostenfreien Version umsetzbar.

Einordnung der Lehrveranstaltung

Die von mir durchgeführte Veranstaltung „Umweltplanung“ ist eine Vorlesung (mit begleitender Übung) für Masterstudierende, die vorwiegend aus der Fachrichtung eines ingenieurwissenschaftlichen Studiums kommen.  Angemeldet sind in der Regel zwischen 70 und 100 Sudierenden, an den Präsenzterminen nimmt etwa die Hälfte der Studierenden teil.

Besonderheit der Veranstaltung ist, dass die Studierenden stärker mit sozialwissenschaftlichen Forschungsergebnissen arbeiten müssen als sie das aus den „Kernfächern“ ihres Studiums gewohnt sind. Neben dem Aufbau inhaltlich fachlicher Kompetenzen ist ein Lernziel der Veranstaltung, dass Studierende sozialwissenschaftliche Erkenntnisse, die sie selber erarbeitet haben, vorstellen und diskutieren können.

Vor diesem Hintergrund des angestrebten Lernziels ist die Vorlesung bewusst interaktionsorientiert ausgerichtet, sodass die Studierenden in der Vorlesung die Möglichkeit bekommen sich zu beteiligen und sowohl miteinander als auch mit dem Lehrenden zu diskutieren.

Wie wurde Mentimeter eingesetzt und warum?

Grundsätzlich habe ich Mentimeter mehrfach in der Veranstaltung eingesetzt, um die skizzierte Interaktionsorientierung zu unterstützen. Konkret lassen sich dabei die didaktischen Funktionen noch weiter ausdifferenzieren. Im Folgenden stelle ich daher meine Erfahrungen mit dem Tool beispielhaft anhand der einzelnen didaktischen Funktionen vor. Dabei gehe ich jeweils kurz auf meine Beweggründe und die didaktische Integration in der Vorlesung ein.


Studierende kennenlernen und für den Charakter der Veranstaltung sensibilisieren

Eine besondere Herausforderung der Veranstaltung ist, dass die Studierenden zu Beginn nur schlecht einschätzen können, welche konkreten Erwartungen an ihre Leistung gestellt werden. Der Umgang mit sozialwissenschaftlichen Forschungsergebnissen unterscheidet sich vom Studium ingenieurwissenschaftlicher Fächer und es fehlt schlicht die Erfahrung, was dort wichtig ist und wie man damit umgeht.

Die folgende Abfrage, die die Studierenden vor Beginn der ersten Sitzung ausfüllen müssen, greift mögliche Vorerfahrungen auf und adressiert einen (für diese Veranstaltung typischen) Konflikt zwischen ingenieur- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen hinsichtlich des Beitrags technischer Innovationen für die Lösung von Umweltproblemen (vgl. Abbildung 1). Ebenso werden mögliche sprachliche Unsicherheiten adressiert.

Abbildung 1: Persönliche Einordnung der Studierenden mit Hilfe des Fragetyp „Scales“

Integriert wird die Online-Umfrage über ein Gespräch in der ersten Vorlesung über die Umfrageergebnisse in der ersten Sitzung. Dies dient auch dazu, den Charakter der Vorlesung und bestimmte Regeln (mit Respekt diskutieren, andere ausreden lassen etc; Beiträge in englischer Sprache sind zugelassen…) zu thematisieren.

Unabhängig vom konkreten Einsatz in der Veranstaltung erhalte ich durch die kurze Umfrage vor dem Beginn der Veranstaltung einen Eindruck von den Studierenden und kann erste Überlegungen zu Potenzialen oder Herausforderungen in der Veranstaltung anstellen. Mentimeter ist für mich dazu das geeignete Tool, weil die Teilnahme an der Umfrage auch vor Beginn der Veranstaltung unkompliziert organisiert werden kann (z.B. keine Anmeldung nötig, einfacher Link genügt) und die Darstellung ansprechend ist.


Neugierig machen und den Erwartungsabgleich vorbereiten

Eine Veranstaltung lebt auch davon, dass Studierende neugierig sind auf das was kommt und sich das Thema aktiv erarbeiten. Eine schöne Möglichkeit zur Umsetzung dieses wichtigen Lernprinzips ist, dass die Studierenden sich zu Beginn selber überlegen können, was wichtige Themen oder Fragenstellungen in dem Fach sein könnten. Der Versuch ein Themenfeld vorab selber zu strukturieren schafft ein erstes Grundgerüst und macht neugierig darauf, ob man selber richtig liegt und was vielleicht noch ergänzt werden muss.

Im Rahmen der Vorlesung wurde dies sowohl assoziativ als auch analytisch durchgeführt. Beides konnte mit Umfragetypen in Mentimeter umgesetzt werden.

Der assoziative Zugang erfolgte durch die Aufgabe, drei Begriff zu nennen, die Ihnen zum Thema Umweltschutz einfallen. Umgesetzt wird dies in Mentimeter mit dem Fragetyp „Word Cloud“. Im Ergebnis haben die Studierenden gemeinsam eine Wortwolke erzeugt (vgl. Abbildung 2), die einen hilfreichen Ausgangspunkt für die Vorstellung der Themen und den Erwartungsabgleich für die Veranstaltung bot. Kombiniert wurde diese Aufgabe mit einem Padlet, in dem darauf aufbauend die Begriffe und Themenfelder strukturiert wurden.

Abbildung 2: Zusammentragen von Begriffen mit dem Fragetyp „Word Cloud“

Der analytische Zugang soll neugierig machen auf die eigenständige Bearbeitung von typischen Fragestellungen (z.B. im Form eines Referats/ einer Hausarbeit) und dient gleichzeitig auch als erster Entwurf für die Sturkturierung der fachlichen Diskussionen. Gegeben war ein Entscheidungsproblem und gefragt wurde nach den übergeordenten Fragen, die Studierende sich stellen müssen, um das Entscheidungsproblem diskutieren und beantworten zu können (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Umfrage mit dem Fragetyp „Q & A“ (Question & Answer)

Der Mentimeter-Umfrage-Typ „Q & A“ (Question & Answer) wurde hierzu etwas zweckentfremdet. An sich ist das Q & A-Tool dafür gedacht, Fragen kontinuierlich sammeln zu können und diese dann im Laufe der Veranstaltung beantworten zu können. In diesem Fall wurde auf die Antwortfunktion verzichtet, genutzt wurde vor allem die Möglichkeit eine eigene Frage einzugeben und andere gestellte Fragen als „wichtig“ zu markieren („votes“). Auf diese Art erhält man eine hilfreiche Rangliste, die in Diskussionen immer wieder aufgerufen werden kann und Studierenden Unterstützung für die eigenständige Bearbeitung von Themen bietet (z.B. wenn es darum geht, eine konkrete Fragestellung für die Hausarbeit zu finden).

Weil das Tool ein wenig zweckenfremdet wurde, ist die gesammelte Darstellung in der Veranstaltung direkt über Mentimeter nicht sinnvoll möglich. Es gibt aber eine komfortable Exportfunktion, sodass eine Tabelle in die Präsentation integriert werden konnte (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: Exportierte Ergebnisse der Umfrage mit dem Fragetyp „Q & A“

Vorwissen aktivieren/ Peer Instruction

Um den Studierenden nicht nur einen Überblick zu geben, was inhaltlich in der Vorlesung bearbeitet werden wird, sondern um auch Ihr eigenes Vorwissen zu aktivieren (→ zur Bedeutung der Aktivierung von Vorwissen) wurde die Methode Peer Instruction nach Mazur mit dem Multiple Choice-Tool in Mentimeter umgesetzt (vgl. Abbildung 5).

Konkret wurde nach etwas gefragt, was alle Studierenden in der Schule gelernt haben sollten und was eine wichtige Grundlage für die weitere Themenbearbeitung in der Vorlesung ist. Mentimeter unterstützt dabei sehr schön, die ansprechende Darstellung des Abstimmungsergebnisses und ermöglicht die Freigabe der richtigen Antwort zum passenden Zeitpunkt.

Abbildung 5: Umfrage mit dem Fragetyp „Multiple Choice“ (korrekte Antwort: rosa Balken)

Fazit

In Summe hat sich Mentimeter als flexibel einsetzbares Abstimmungstool erwiesen, das unkompliziert in der Handhabung sowohl für mich als Lehrenden als auch für die Studierenden ist. Die Studierenden konnten sowohl am Laptop als auch am Smartphone ohne Probleme teilnehmen. Auch in der Gesamtschau der Evaluation der Lehrveranstaltung lässt sich ein positives Fazit ziehen. Ohne dass explizit nach den Live-Abstimmungen gefragt wurde, wurden diese mehrfach explizit erwähnt und positiv hervorgehoben.


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